Hörsturz #9: Information und Politik – Editorial

Community Medien im Zeitalter postfaktischer Unübersichtlichkeit

Im US-Wahlkampf Anfang November 2016 nahm der amtierende Präsident einen bei einer Veranstaltung demonstrierenden Trump-Wähler in Schutz. Alles dokumentiert auf Video. Danach behauptete Donald Trump, der Mann sei von Obama beschimpft worden. Das Video sagt das Gegenteil.

Willkommen in einer „postfaktischen Medienwelt“, wo Fakten keine Rolle mehr spielen. Ich hätte Ihnen auch Beispiele aus dem österreichischen Bundespräsidentschaftswahlkampf 2016 bringen können.

Nicht nur manipuliert populistische Politik die Öffentlichkeit, sondern genauso manipulativ sind wir einer „Social-Media-Öffentlichkeit“ ausgesetzt. Selbst die absurdeste „Wahrheit“ findet manchmal ihre Unterstützung, und setzt belegbare Fakten unter Druck.
Deshalb gilt es nicht nur gegen Populismus anzukämpfen, sondern über Stärkung von Medienkompetenz, breiterer Bekanntheit journalistischen Handwerks – Fakten- und Quellencheck zum Beispiel – diesen Entwicklungen entgegen zu wirken. Je mehr Menschen diese Fertigkeiten beherrschen, umso weniger sind sie anfällig für Verdrehungen von Wahrheit.

Welche politische, welche bildende Rolle hierbei Community Medien spielen sollen und wollen, darum geht es in dieser Ausgabe des Hörsturz.

Freie Radios & Community TVs standen historisch im Gegensatz zu traditionellen Medien: Sie garantierten als einzige „Offenen Zugang“. Heute sind sie zwischen Qualitätsmedien & Social Media angesiedelt. Einerseits ist „Public Access“ nach wie vor gültig, anderseits versuchen Community Medien immer stärker auf Fortbildung ihrer ProduzentInnen zu setzen: Um die Qualität ihres Programm zu erhöhen, und sich von der Beliebigkeit von sozialen Medien abzugrenzen. Und mittels „Gatekeeping“ – zum Beispiel durch die Programmkoordination und Programmkommission der Radiofabrik  – Propaganda, Extremismus und ähnliches nicht zuzulassen. Eine Sorgfalt, „crowd-based“ in der demokratisch organisierten Radiofabrik, die sie auch beim Publikum Glaubwürdigkeit gewinnen lassen soll.

Wir müssen respektieren, dass viele Menschen nach Halt suchen. „Die Ordnung“ ist der Titel des aktuellen Parteiprogramms der bayerischen CSU. Wenn wir einer rechtskonservativen Partei in unserem Nachbarland oder der FPÖ bei uns nicht die Hoheit über diese Ängste überlassen wollen, müssen wir erklären können, warum unsere Vorstellung von Gesellschaft besser ist. Wir müssen die besseren Argumente haben, und diese so gut wie möglich verbreiten.

In diesem Hörsturz

Werfen wir mit Gründer Wolfgang Hirner einen Blick zurück in die Anfänge unseres Radios, und befragen ihn zur historischen Agitation der Radiofabrik. Aktivistin und Radiomacherin Susi Huber berichtet von ihrer Motivation, Radioarbeit in ihre Werkzeugkiste zu packen und für ihre links-politischen Anliegen einzusetzen. Gastautor Martin Wassermair aus Linz, profilierter Kulturarbeiter und Produzent für Radio und TV in den oberösterreichischen Community Medien, gibt uns Einblick in seine Einschätzungen und Perspektiven.

Zusätzlich haben wir alle AutorInnen gebeten, uns ihr persönliche, alltägliche  Informationsbeschaffung offen zu legen. Als Hinweis wie wichtig es ist, jede Publikation auch nach dem Background zu beurteilen.

Alf Altendorf ist Geschäftsführer der Radiofabrik
Er hört und sieht täglich die aktuellen Dienste von ORF & ARD. Online liest er diverse Tageszeitungen (SN, „Der Standard“, „The Guardian“), und hat über hundert Blogs & Twitter-Accounts (wie VICE) über das Service Flipboard abonniert.
Seit 25 Jahren ist er wöchentlicher Käufer der „Zeit“, deren Studium er die Freizeit am Wochenende widmet. Radio hört er in der Früh (Ö1 Journale, Radiofabrik & FM4).